Mit Strom gegen den Strom

Mit Strom gegen den StromNahe Osnabrück setzt ein kleines Tankstellenunternehmen noch branchenunüblich auf Elektromobilität und macht dafür mit einer bisher wohl einzigartigen Form Werbung. Ein Besuch bei Metank in Melle.Seit Dezember 2016 steht an der Metank-Tankstelle die Ladesäule mit vier verschiedenen Steckersystemen. Vom Platz her können zwei Fahrzeuge bequem parallel geladen werden. Jürgen Enders gehört einer Minderheit an - sogar in mehrfacher Hinsicht: Seit September 2016 führt der Niedersachse einen BMW i3 und damit eines von nur knapp 34.000 reinen Elektrofahrzeugen, die Anfang des Jahres...
Mit Strom gegen den Strom

Mit Strom gegen den Strom

Nahe Osnabrück setzt ein kleines Tankstellenunternehmen noch branchenunüblich auf Elektromobilität und macht dafür mit einer bisher wohl einzigartigen Form Werbung. Ein Besuch bei Metank in Melle.

Seit Dezember 2016 steht an der Metank-Tankstelle die Ladesäule mit vier verschiedenen Steckersystemen. Vom Platz her können zwei Fahrzeuge bequem parallel geladen werden.

Jürgen Enders gehört einer Minderheit an – sogar in mehrfacher Hinsicht: Seit September 2016 führt der Niedersachse einen BMW i3 und damit eines von nur knapp 34.000 reinen Elektrofahrzeugen, die Anfang des Jahres laut Kraftfahrt-Bundesamt in Deutschland zugelassen waren. Dabei hat der 55-Jährige von der staatlichen Förderung Gebrauch gemacht, die bisher nur wenige genutzt haben. „Ich habe mich total gefreut, dass ich insgesamt fast 6.000 Euro vom Staat und BMW zurückbekommen habe“, erzählt er.

Im Dezember reihte sich Enders in die Gruppe einer weiteren Minderheit ein:

Er ließ an einer seiner beiden Tankstellen in Melle, Landkreis Osnabrück, eine Schnellladesäule für Elektrofahrzeuge mit einer Ausgangsleistung von maximal 50 Kilowatt aufstellen. Seitdem gehört die Station unter dem Metank-Logo zu den zwei Prozent der öffentlichen Tankstellen in der Bundesrepublik, die diesen Service anbieten. Den hat sich der Unternehmer auch etwas kosten lassen. Insgesamt hat er etwa 60.000 Euro für die Ladestation von Charge IT, die Installation, die Änderungen am Hausanschluss sowie die Überdachung investiert. Wie viele Kunden nun konkret das neue Angebot nutzen, möchte Enders nicht sagen. Doch so viel verrät er: „Die Ladesäule wird mittlerweile gut angenommen. Wir sehen kontinuierliche Steigerungen und das wird ja noch lange nicht das Ende der Fahnenstange sein.“

Eine Potenzialanalyse für seine Standort gab es zwar im Vorfeld der Planung nicht. Inzwischen weiß der Tankstellenchef aber, dass sich der Kundenkreis hauptsächlich aus drei Gruppen speist: zum einen die Elektrofahrzeughalter, die daheim keine eigene Möglichkeit haben, ihren Stromer zu laden. „Oder es kommen die Leute, die nochmal schnell 50, 60 Kilometer Reichweite für eine außerplanmäßige Fahrt brauchen“, ergänzt Marc Stapenhorst zweiter Geschäftsführer bei Metank. Und dann nutzen Langstreckenfahrer die Lademöglichkeit nahe der A30 und A33. Angenehmer Nebeneffekt: Während das Fahrzeug lädt, verbringen viele Kunden die Wartezeit im Shop und genießen einen Kaffee oder Snack.

Zahlen per Karte, App oder SMS

Bezahlen können die Kunden unabhän­gig vom Fahrzeugmodell mit einer RFID­ Karte (radio-frequency identification), wie sie etwa BMW unter der Marke Charge­ now anbietet. Sie wird einfach oberhalb des Displays gehalten, um den Ladevorgang auszulösen. Möglich ist auch die Nutzung einer App, die den QR-Code oberhalb des gewählten Ladesteckers erfasst Zudem befindet sich über jedem Stecker eine Telefonnummer, an die der Autofah­rer eine SMS senden kann, um den Lade­punkt freizuschalten.Während des Ladens zeigt das Display den Ladezustand des Fahrzeugs in Prozent, die verbliebene Ladedauer in Minuten und Sekunden, die Energie in Kilowattstunden und die Leistung in Kilowatt an. Der Endbetrag wird anschließend automatisch über das Bezahl­verfahren abgebucht, das der Kunde im Vorfeld hinterlegt hat. Auf Wunsch erhält er eine Rechnung. Abgerechnet wird dabei nach Energiemenge in Kilo­wattstunden und nicht nach Ladedauer, wie es mancher­orts üblich ist. „Wir rechnen bei Flüssigkraftstoffen ja auch nicht nach der Betankungs­dauer ab, sondern nach Li­tern“, begründet Stapenhorst die Entscheidung. Das sei nur fair.

Und welcher gedankliche Ansatz lag der Kalkulation des Preises zugrunde? „Wir haben uns überlegt, wie viel es durch­schnittlich kosten würde, ein Elektrofahr­zeug vollzuladen. Das haben wir dann in Relation zu den Kraftstoffkosten für eine vergleichbare Reichweite eines Fahrzeugs mit Verbrennungsmotor gesetzt“, erklärt Enders und scherzt: „Wir haben das aus­gerechnet, so gut wir das eben mit unserer Schulbildung konnten, und dabei sind die 39 Cent pro Kilowattstunde rausgekom­men, die wir bisher nicht geändert haben.“ Ein Beispiel zur Veranschaulichung:

Um die fast leere Batterie seines i3 auf 80 Prozent zu laden, braucht Enders an der Schnellladesäule etwa 25 Minuten. Je nach Fahrweise und Temperatur, die Einfluss auf die Ladedauer und Leistung der Batte­rie nehmen kann, schafft er dann mit dem Elektroflitzer von BMW zwischen 100 und 150 Kilometer. Allerdings, gesteht der Me­tank-Geschäftsführer, hat er zur Sicher­heit einen Range Extender gewählt, der sich bei niedrigem Ladezustand der Batterie automatisch einschaltet und damit die elektrische Reichweite des Fahrzeugs ver­längert: „So starke Nerven habe ich dann doch nicht, dass ich die Gefahr eingehe, irgendwo liegen zu bleiben.“

Sind zufrieden mit dem Ergebnis (v.l.): Christoph Schürholz von PWM, Jens Geisler, Norbert Fißmann (beide Geister) und die Metank-Geschäftsführer Jürgen Enders und Marc Stapenhorst

Zuständig für den Austausch der Elektronik sind die Mitarbeiter des Unternehmens Geisler aus Osnabrück, das schon länger sowohl mit PWM als auch mit Metank zusammenarbeitet
Freund des Besonderen

Trotz der Einschränkungen, die sein i3 in puncto Reichweite mit sich bringt, hat En­ders offensichtlich Freude an seinem Exoten. Überhaupt scheint der Metank-Geschäfts­führer Gefallen daran gefunden zu haben, etwas Besonderes zu machen. Denn im März ließ er schließlich eine Idee verwirk­lichen, die nicht nur ungewöhnlich, sondern in Deutschland wohl bisher einzigartig ist: Er ließ in seine beiden Preisanzeigen das Produkt Autostrom integrieren. Damit ist der seltene Service auch für die vorbeifah­renden Autofahrer im Gewerbegebiet Mel­le von der Straße aus gut sichtbar – was sich sicherlich positiv auf die Anzahl der Lade­säulennutzer auswirken dürfte.

Und Branchengröße PWM freut sich über das Engagement des kleinen Tankstel­lenunternehmens. Denn die Aufnahme des Preises für Autostrom ist für den Marktfüh­rer im Bereich Preisanzeigen eine Premie­re, was die Behauptung unterstützt, dass in Melle der bundesweit erste Preismast mit dieser Information zu finden ist.
Metank nutzte die Gelegenheit auch gleich, alle acht Produktanzeigen der zwei Preismasten des Modells Gala auszutauschen, um ein einheitliches Erschei­nungsbild zu gewährleisten. Dabei war die Umrüstung denkbar unkompliziert: PWM fertigte die neuen Einbaumodule und ver­wendete dabei statt bedrahteter LEDs soge­nannte SMD LEDs, die dank eines anderen Abstrahlwinkels und einer anderen Licht­bringung noch besser lesbar sind. Zudem sind die Ziffern spritzwassergeschützt.

Für die Umrüstung beider 8,70 Meter hoher Türme war das Unternehmen Geisler zuständig, das insgesamt drei Tage dafür be­nötigte. Zusätzlich musste das neue Produkt in das Kassensystem implementiert werden, damit der Preis für Autostrom automatisch an den Preismast geschickt wird. „Wir fanden die Idee, den Strompreis anzuzeigen, interessant und hoffen, dass sie dauerhaft in der Tankstellenbranche Ein­satz findet“, sagt Christoph Schürholz von PWM. Dann wird sich Enders allerdings etwas Neues einfallen lassen müssen, um wieder etwas Besonders zu sein.

Quelle: Sprit+ 4_2017

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